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Filme in der Tradition der Diashows des letzten Jahrtausends

Die mit den "Fünf Elementen" in Film übersetzte Vision von Chris Mennel -
und eine Einschätzung, wo diese Vision wie landen könnte, vom 25.10.2011, aktualisiert am 14.2.2014

An zwei Diashows habe ich eine nachwirkende Erinnerung: In der Heidelberger Stadthalle gab es einen Reisebericht über die Sahara, und im Lindenmuseum Stuttgart saß ich in einem thematisch gemischten Abend, ein Panorama von Bildberichten.
In Heidelberg waren drei Leinwände im Einsatz, und zwei Mann arbeiteten hart an Türmen von Diaprojektoren. In Stuttgart gab es zwei Leinwände, einen Vortragenden und einen Techniker mit mehreren Dia-Projektoren.
Im letzten Jahrtausend waren solche Diashows zu einem Publikumsmagneten angewachsen: In Heidelberg lag die Besucherzal bei schätzungsweise 400 Menschen, im Lindenmuseum war der Saal ausverkauft, ich schätze, 120 Menschen.

Mit der neuen Technik der Beamer verschwand der Wert und die Seltenheit, mit der man solche großen Bildshows erstellen konnte. Jede Medienmesse triefte vor Bildshows - und sie waren alle platt. Der Glanz der „alten“ Diashows verlor sich.
Ein populäres Genre der Präsentation erlebte mit den Diashows im letzten Jahrtausend also eine etwa zehnjährige Blütezeit. Diese Shows hatten eine Ästhetik, die sich vom populären Film unterschied, indem sich sich ganz vom „Theater“ entfernte: Sie vertrauten auf die Pracht der Bilder und erfanden keine Handlung. Sie waren auch nur noch vorgeblich „Dokumentation“ - denn mit Sachkommentaren, mit Zeigenwollen von Abläufen und Vorgängen hätten sie Reste von Langeweile beim Zuschauer erzeugt. Die finalen Diashows des letzten Jahrtausends platzten aber vor allen Dingen vor Schönheit. Ihre Fotos überwältigten von vorne bis hinten.

Im Fernsehen, nachts ab ein Uhr bis morgens um fünf, traf ich einkanalige Versuche wieder, Filmbilder in der Nachbarschaft zu Diashows zu erzeugen, die das stoffliche Existieren der Welt feierten. Mir gefielen die Filme, doch zum abendfüllenden Ereignis taugten sie nicht ganz. Als „Ambient Movie“, Hintergrundfilm, fristeten diese Produktionen - es gab bald Tausende - ein Nischendasein in Discos und auf Messen. Nur ein Film des Genres - „Koyaanisqatsi“ - wurde zum Kinoferfolg.

Einen präsentationstechnischen Clou hatten die kommerziellen Diashows allesamt genutzt, der eben nicht „Kino“ war und im Fernsehen vorläufig unmachbar ist: Die Projektion auf mehreren Leinwänden. Der Effekt bereits von zwei Projektionswänden ist für das wahrnehmende Gehirn erstaunlich: Ihm reichen plötzlich pure Bilder und es braucht keine „Story“ mehr, um sich mit Konzentration in die gebotene Szene zu begeben.
Die Verwendung von mehr als einer Projektionswand, um ein Thema zu kommunizieren, ist die Strategie der „alten“ Diashows. Das ließ sie für das Publikum zu etwas Besonderem werden und hatte Anteil an ihrem Publikumserfolg. Wichtig ist heutzutage die hohe Auflösung der HD-Filme. Aus Sicht des Standart-Betrachters (des Technikers noch lange nicht) ist nun die nötige Feinauflösung gegeben, um einer Dia-Show gleichzuziehen.

Für ein Avantgarde-Publikum, das rohe Kamera und zeitweise Datenüberflutung goutiert, sehe ich zu Instrumentalmusik in den "Fünf Elementen" die Möglichkeit, auf filmischer Ebene den Glanz ehemaliger Diashows wieder aufleben zu lassen.

Einem Publikum, das gediegene Kultur erwartet, kann ich unsere tagesschnell erstellten Filme als Begleit-Werke z.B. bei Veranstaltungen, die mit Trinken und Essen verbunden sind, anbieten.

Indem die Bedienung der Geräte nun einfacher ist als "damals" mit den Dia-Projektoren, könnte man nun auch einen ganztägig laufenden "Überflutungsraum" erstellen: Dunkel, mit einer nicht aufdringlichem Tonmischung "aus der Konserve", die mal den linken, mal den rechten Film mit Originalton zum Zuge kommen lässt und zwischendurch zurückhaltend instrumentiert.

Dann gibt es da noch die moderne Live-Band - ein paar Leute, die von Industrial bis Klassik, mit Hilfe von Echt-Instrument, Stimme und Elektronik so ziemlich jedes Zitat und jeden Kompositionswunsch herbeizaubern können.

Hier wird die Dia-Show zum Bühnenbild. Noch eine Nummer weiter geht etwas, das auch eine film-alte Tradition hat, aber doch selten zu sehen ist: Der Beamer ersetzt das Bühnenlicht. Es wird auf die Bühne projiziert, mit ihren Personen und Geräten, auf Boden und Hintergrund.

Dezenter Einsatz der Filme als Hintergrund, Erstellung von "Überflutungsräumen" in einem Kunst-Kontext, sowie eine Live-Band, die sich möglicherweise 90 Minuten mit Dreifachprojektionen umgibt - das sind meine drei Ideen zu den Gesamtfilmen. Als viertes lassen sich aus dem Material klar auch Kurzfilme schneiden. Jede solche Dreifachprojektionen ist eine Fundgrube für Musikvideos und Experimental-Häppchen.